Da mich viele Nachfragen zum Verlauf der Sitzung am Montag erreichten, stelle ich Ihnen hier gerne den Text meines Statement zur Erklärung des Gemeinderates zur Verfügung:

Liebe Stadträtinnen und Stadträte, 

ich habe die vergangenen Tage nachgedacht. Nachgedacht, worum es bei der aktuellen Diskussion eigentlich wirklich geht. Was in der Sitzung am 24. April im nichtöffentlichen Teil passiert ist, darüber werde ich auch heute öffentlich nicht reden. Zumal ich bis heute keine Gelegenheit hatte, mich darüber mit unserer Ersten Beigeordneten auszutauschen. Aber dass es zwischen der Ersten Beigeordneten und mir einen Konflikt geben soll, wäre mir neu. Das weise ich mit aller Entschiedenheit von mir. Ja, fachliche Auffassungsunterschiede – hier: zur Nachbesetzung vakanter Stellen –, die kommen auch im Alltag einer Verwaltung vor. Aber sie werden intern besprochen und geklärt – und nicht öffentlich.  Genauso wenig wie ein vermeintlicher Konflikt zwischen Oberbürgermeister und Erster Beigeordneter. Auch der würde, wenn es ihn gäbe, intern besprochen. 

Weil es einen solchen Konflikt – in meiner Wahrnehmung – überhaupt nicht gibt, frage ich mich, worum es bei dem, was nach der letzten Gemeinderatssitzung losgetreten worden ist, wirklich geht. Ist der eigentliche Skandal nicht eigentlich etwas ganz Anderes? Nämlich, dass aus nichtöffentlicher Sitzung gezielt Informationen nach draußen gegeben worden sind. Und dann auch noch so schwammig und geheimnisvoll, dass auch wirklich allen Spekulationen Tür und Tor geöffnet waren. Vom Weiterleiten einer Mail unserer Ersten Beigeordneten an die Presse ganz zu schweigen. 

Dass aus diesem Gremium heraus bewusst die Pflicht zur Verschwiegenheit verletzt worden ist – das ist für mich der eigentliche Skandal. Einer Pflicht, die in der Gemeindeordnung, in der Geschäftsordnung unseres Gremiums für alle verbindlich festgelegt ist. Dann auch noch ganz zufällig zu Beginn der Bewerbungsfrist für die OB-Wahl. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Ich frage mich, und ich weiß, dass es viele Bürgerinnen und Bürgern der Stadt auch so sehen: Wie agiert dieser Gemeinderat? Was sind ihm Recht und Gesetz – die Spielregeln unserer Demokratie – noch wert? Gemeindeordnung, Hauptsatzung, Geschäftsordnung Gemeinderat, Beamtenrecht – das sind doch nicht einfach nur Feigenblätter. Das sind die Regelwerke unserer Demokratie, die auch für dieses Gremium zu gelten haben.  Zum Schutz aller, die daran ein Interesse haben: Investoren, Bewerber, Mitarbeiter der Verwaltung, ja, sogar Sie, die Stadträtinnen und Stadträte. Aus ganz unterschiedlichen Gründen. Zum Beispiel: damit nicht das passiert, was hier gerade passiert: massive Rufschädigung. Nicht nur des Oberbürgermeisters, den es ja wohl vor allem treffen soll. Sondern auch langjähriger verdienter Mitarbeiter. Begründet mit unkonkreten Vorwürfen – und einer Krankmeldung der Ersten Beigeordneten.

Der durch diese Indiskretion aus dem Gremium angerichtete Schaden ist immens. Für alle Beteiligten. Auch und gerade für die Stadt: als Arbeitgeber, als politisches Zentrum dieses Landkreises.  Wissen Sie, wie über dieses Gremium draußen gesprochen wird? Klar, auch über den Oberbürgermeister wird viel gesprochen – das bringen öffentliche Ämter so mit sich. Aber glauben Sie ernsthaft, dass solche Berichte für unser Ansehen förderlich sind? Und dass sie helfen, die dringend benötigten Fachkräfte für diese Stadt zu gewinnen? Von Planern und sonstigen externen Gästen, die nicht mehr in dieses Gremium kommen wollen, weil Sie nicht wissen, wie sie es wieder verlassen, will ich gar nicht erst reden. Mitarbeiter, Amtsleiter miteingeschlossen.

Über diesen Regelbruch – aus nichtöffentlicher Sitzung nach draußen zu berichten – habe ich aus dieser Runde noch keine Empörung gehört. Bis auf drei Ausnahmen habe ich nicht einmal vernommen, dass sich jemand ernsthaft mit dem Sachverhalt hat beschäftigen wollen. Konstruktive Verbesserungsvorschläge sind ebenfalls nicht eingegangen. Und nach meiner Sichtweise hat sich bislang noch gar niemand erkundigt. Auch in Bezug auf den vermeintlichen Konflikt mit der Ersten Beigeordneten. Noch einmal: den es aus meiner Sicht überhaupt nicht gibt. 

Ich frage mich, woher Sie solche Informationen haben. Mir gegenüber ist das bislang noch nicht vorgetragen worden. Aber ich nehme wahr, dass Sie sich dazu klar positionieren – ohne jegliche Anhörung meiner Person.  Sie verurteilen meine Person, ohne mich dazu vorab überhaupt angehört zu haben – öffentlich. Und Sie machen dadurch die Sache auch noch öffentlich.  Ist das Ihre Vorstellung von respektvollem Umgang miteinander? Von verantwortungsbewusster Ausübung Ihrer Rolle? Zu urteilen – öffentlich zu verurteilen –, ohne alle Seiten gehört zu haben? 

Ich frage mich, was Sie mir eigentlich vorwerfen? 

  • Dass ich seit acht Jahren ein ganzes Füllhorn an geerbten Aufgaben abarbeite? 
  • Dass ich versuche, die Stadt sicher durch all die Krisen zu steuern, von denen wir seit Jahren überrannt werden?  
  • Dass ich dafür gekämpft habe, unser Spital vor der Insolvenz / Zahlungsunfähigkeit zu bewahren? 
  • Dass ich für den Ausstieg aus dem Klinikverbund eingestanden bin, um die Stadt vor weiteren millionenschweren Verlustausgleichen zu bewahren? Bis heute über 10 Mio. Euro. 
  • Dass ich der Empfehlung unseres damaligen Baubürgermeisters gefolgt bin, das Waldshuter Freibad zu schließen? 
  • Dass es in unserer Bauverwaltung (v. a. dem Hochbauamt) seit Jahren schlecht läuft? Eigentlich unter allen Baubürgermeistern der letzten zehn Jahre. Ich verweise auf die haarsträubenden GPA-Berichte von 2017 und 2022. 
  • Dass ich mich aus dem Geschäft unserer Baubürgermeister operativ rausgehalten habe – nachdem Sie mir vor drei Jahren Handschellen angelegt haben. Ich erinnere an das Schreiben unserer fünf Fraktionsvorsitzenden vom Frühjahr 2020, in dem ich ausdrücklich aufgefordert worden bin, unseren damaligen Baubürgermeister seinen Geschäftsbereich eigenständig führen zu lassen. 

Was werfen Sie mir vor? 

  • Dass ich nachhake, wenn bei Bauprojekten die Kosten- und Zeitpläne aus dem Ruder laufen, Handwerker wochen- bis monatelang auf die Begleichung ihrer Rechnungen warten?
  • Dass ich darauf dränge, dass Budgets eingehalten werden, Kostenüberschreitungen erklärt werden, vernünftige Sitzungsvorlagen erstellt werden, Rechnungen zügig zur Zahlung angewiesen werden, Führungskräfte ihre Rolle auch wahrnehmen (vom Bürgermeister bis zum Amtsleiter)? Engagiert und zum Wohle der Stadt.
  • Dass die Fluktuation in unserem Baudezernat (unterstellt dem Baubürgermeister) höher ist als im Dezernat des Oberbürgermeisters? 
  • Was ist Ihr begründeter Vorwurf? Und vor allem: Was sind ihre konkreten Verbesserungsvorschläge? Ich höre nichts. 

Ich frage mich: Geht es hier wirklich um die von Ihnen erwähnte Sache? Wenn ja: Warum hat mich dazu dann bis heute niemand befragt? Man könnte den Eindruck gewinnen, als wollte man meine Sichtweise gar nicht hören. Lediglich zwei – gelinde formuliert – unsachliche Mails zweier Stadträte ein- und derselben Fraktion sind bei mir eingegangen. Aber sie enthielten keine Fragen, sondern nur plumpe Beschuldigungen, Beleidigungen, Anfeindungen. Tonlage: Der OB muss weg! Die Hauptamtsleiterin muss weg! Fast wie zu Zeiten der platten „Merkel muss weg“-Parolen. 

Für mich geht es hier längst nicht mehr um die Sache. Auch viele Bürgerinnen und Bürger sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ziehen das in Zweifel. Zunehmend gewinnt man den Eindruck, als hätte das alles doch etwas mit der OB-Wahl zu tun. 

Die Geschichte eines vermeintlichen Konflikts zwischen Oberbürgermeister und Erster Beigeordneter wäre jedenfalls nahezu perfekt. Der OB, der in acht Jahren drei Beigeordnete verschlissen hat. So einer Geschichte etwas entgegen zu setzen, dagegen sind Sie machtlos. Aber ich spüre bei meinen Gesprächen mit der Bürgerschaft, dass die Menschen das in Frage stellen. 

Was am Ende bleibt, ist leider ein massiver Imageschaden: für den OB, den Gemeinderat, die Erste Beigeordnete, die angegriffenen Mitarbeiter, die ganze Stadt. Und Sacharbeit scheint ja eh kaum noch möglich.

Sollte es Ihnen bei der ganzen Empörung wirklich um die Sache gehen, also das sogenannte Vorkommnis vom 24. April bzw. das diesem zu Grunde liegende Thema, dann empfehle ich Ihnen: Wenden Sie sich an unsere Rechtsaufsicht, das Regierungspräsidium in Freiburg. Tragen Sie dem RP vor, was Sie glauben, Skandalträchtiges wahrgenommen zu haben – was aus Ihrer Sicht in WT falsch läuft! Und begründen Sie das!  Das RP wird die Angelegenheit dann prüfen und alles genau unter die Lupe nehmen. Ich sehe dem gelassen entgegen.

Und eines sei auch noch gesagt: Ich wünsche mir nichts mehr als eine gute Zusammenarbeit mit der gesamten Verwaltung, der Ersten Beigeordneten und dem Gemeinderat. Und ich lade Sie ein, mir in den kommenden Sitzungen zu beweisen, dass respektvoller und sachlicher Umgang keine Einbahnstraße ist.

Und nun fahren wir mit unserer Sitzung fort. 

Mein Statement in der Gemeinderatssitzung vom Montag